Der Gesangverein Neidlingen lud zum Konzert anlässlich seines 120jährigen Bestehens in die Reußensteinhalle
ein. Das musikalische Programm eröffnete der Gemischte Chor unter
der Leitung von Elisabeth Friedl mit dem Stück "Lieder, die von Herzen kommen". Im Verlauf des
ganzen Jubiläumskonzerts wurde deutlich, dass dieser Titel quasi ein Motto
darstellte welches den Sängerinnen und Sängern wirklich "am Herzen lag". Der berühmte
"Funke" sprang schnell über.
Vorsitzende Martina Saida ließ in ihrer Begrüßungsrede kurz die 120 Jahre Revue paßieren.
Gegründet wurde der Liederkranz am 6. Januar 1889 als reiner Männerchor. Im Jahr 1952
kam nach vielen Diskußionen als weitere Chorgattung der Gemischte Chor hinzu. In den frühen
1970er Jahren hatte der reine Männerchor keine Zukunft mehr, immer mehr Sänger
gaben das Singen auf. Einige Wenige wechselten zum Gemischten Chor. Damals sich schon der
Nachwuchsarbeit bewußt, gründete man einen Kinderchor, der nach wenigen Jahren
wieder aufgegeben werden mußte. Der zweite Versuch, nämlich die Gründung eines
Folklorechors, scheiterte ebenfalls nach wenigen Jahren. Die Zukunft des Vereins wird wohl
auf den Schultern des Frauenchors "anima musica" und dem Mädchenchor liegen.
Eine Sängerin und zwei Sänger haben die Entwicklung in den vergangenen Jahrzehnten hautnah
miterlebt. Wilhelm Braun, als Vertreter des Deutschen Chorverbandes, des
Schwäbischen Chorverbandes und des Verbandes Karl-Pfaff, ehrte für 60 Jahre Sängertätigkeit
Hermann Kober, für 40 Jahre Elfriede Patzner und für 30 Jahre Ernst Hitzer.
Seit 25 Jahren sind dem Gemischten Chor die Sängerinnen Inge Hitzer, Else Dell’Antonio und Else
Hitzer und die Sänger Rainer Dell’Antonio, Otto Eberhardt und Alfred Schmid
treu.
Nach den Ehrungen führte der Gemischte Chor das Programm fort. Zu hören war unter anderem
Schuberts "Die Nacht" und Kreutzers "Schon die Abendglocken klangen". Im zweiten
Block, der mit dem Jäger-Quodlibet dem Jäger-Leben gewidmet war, wurde der Gemischte Chor von
den befreundeten Sängerinnen und Sängern des Liederkranz Unterlenningen
unterstützt. Ein wunderbarer Beweis dafür, daß Singen Gemeinschaftserlebniße
vermittelt und Freundschaft fördert.
Der Mädchenchor unter der Leitung von Katharina Sigel, selbst Sängerin von "anima musica",
setzte danach das Programm fort. Mit einigen durchaus komplizierten Kanons
bewiesen die Kinder im Alter von 9 bis 15 Jahren ihr beachtliches Können. Gut auf einander zu hören,
und gleichzeitig selbst etwas ganz eigenes zu tun, dieser schwierigen
Aufgabe stellten sich die jungen Sängerinnen selbstbewußt und erfolgreich. Beim Titel "Vois
sur ton chemin" punkteten die Kinder nicht nur deswegen, weil viele Zuhörer
das Stück aus dem Film "Die Kinder des Monsieur Mathieu" wieder erkannten.
Weiter ging es mit "The Ladies’ Melody", einer Gruppe, die sich aus "anima musica" gebildet hat. Ohne
Dirigent und auch ohne "störende" Notenblätter in den Händen
präsentierten die jungen Damen ihre Titel. Rückenschauer verursachend interpretierten sie
Enyas "Only time" und Leonard Cohens "Hallelujah", dabei sehr gefühlvoll von
Volker Bals am Flügel begleitet, "My Guy" und "Turn the beat around", teilweise mit pfiffigen
kleinen choreographischen Einlagen gespickt, bis schließlich die gut 200
Zuhörer "mit groovten" und begeistert off beat klatschten.
Der Frauenchor im Liederkranz Neidlingen e.V. "anima musica" trat erstmals im großen Rahmen unter
seinem neuen Chorleiter Volker Bals auf. Bals begleitete "seine" Damen
beim ersten Stück selbst vom Flügel aus, spielte ihnen so quasi nur das musikalische Grundgerüst
zu, welches aber konzentriert und mit großer Musikalität aufgegriffen
wurde. In zwei großen Blöcken bot man dann geistliche und weltliche Literatur, darunter unter
anderem einen Außchnitt aus Gustav Mahlers "Auferstehungßinfonie", ein
nicht weniger als achtstimmiges Stück, bei dem die Kinder des Mädchenchores einen wesentlichen
Teil besetzten; auch die originale Solostimme wurde aus dem Chor heraus
mit den Sängerinnen Regina Dell’Antonio, Katrin Hitzer und Anneke Mentzendorff besetzt. "anima
musica" darf stolz sein, solch hochgesteckte Ziele haben zu dürfen und
diese dann auch so bravourös meistern zu können. Daß die Kinder sich dabei so
selbstverständlich in solch große Literatur einfügen, läßt nur froh in die
Zukunft des
Chores blicken. Mit Javier Busto's "Halleluja" und mit Edvard Grieg's "Ave maris Stella" bewies "anima
musica" hohe Stimmkultur, sorgfältige Intonation, erstaunliche
Klangkraft sowie die Beherrschung auch komplizierter Rhythmen und Taktwechsel. Im zweiten Block war man
bei dem Stück " Crazy Rhythm" gar gänzlich dem Rhythmus verfallen.
Singend, rufend und mit den Händen klatschend wurde das so angenehm "Verrückte" ausgefallener
Rhythmen musiziert. Offensichtlich hatten alle ihren Spaß damit. Unterstützt
wurde anima musica von dem jungen Pianisten Peter Mayer, der die nicht einfache Aufgabe zu bewältigen
hatte, mal ein ganzes Orchester zu mimen, mal sehr solistisch den
Begleit- und Gegenpart zu anima musica zu bilden.
Der Liederkranz Neidlingen darf wohl getrost in die Zukunft blicken. So war es doch etwas ganz
besonderes, als am Schluß noch einmal alle Chorgruppen zusammen musizierend
auf der Bühne standen, manche Familie gar mit drei Generationen. Wurde zuvor schon durch die
Ehrungen deutlich gemacht, wie lange schon einige Sängerinnen und Sänger im
Chor singen, so konnte man jetzt noch einmal eindrücklich erleben, wie sich die Worte des
Chorverbandsprechers Wilhelm Braun bewahrheiten: "Wer singt, bleibt jung!!"
Die meisten Zuhörer nutzen nach dem Konzert die Gelegenheit, um in der rasch umgestalteten Halle
noch beieinander zu bleiben.
Eintrag vom 05.11.2009
Bericht zum 120-jährigen Jubiläum des Liederkranz
Impressionen